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JVA und Forensik: Flucht- und Rettungswege in geschlossenen Bereichen

Wenn Gebäude sicher, komfortabel und ihrem Zweck entsprechend gestaltet sind, halten wir uns gerne in ihnen auf. Wenn aber unvorhergesehene Ereignisse auftreten, müssen wir sie schnellstmöglich verlassen. Und was allgemein über Flucht- und Rettungswege möglich ist, bringt in Gefängnissen und geschlossenen Psychiatrien Tücken mit sich.

Zu den großen Herausforderungen bei der Planung von Gefängnissen und forensischen Einrichtungen gehört es, die Brandschutzziele mit der Ausbruchsicherheit unter einen Hut zu bringen. Wie in anderen Gebäuden auch, nehmen Flucht- und Rettungswege dabei eine Schlüsselrolle ein. Denn auch im Alarmfall sollen die Türen nicht selbständig durch Patienten oder Insassen, sondern nur durch Aufsichtspersonal freigegeben werden.

Gesetzliche Anforderungen: Von der EltVTR zur DIN EN 13637

Die gesetzlichen Anforderungen an Flucht- und Rettungswege schreiben vor, dass ein jederzeitiges leichtes Öffnen in voller Breite der Tür ohne fremde Hilfsmittel möglich sein muss. Dabei stellen entweder die EN 179 für Notausgangsverschlüsse mit Drücker (keine Panikgefahr) oder die EN 1125 für Paniktürverschlüsse mit Panikstange (bei Panikgefahr) den Stand der Technik dar. Kommt ein elektronisches Sicherungssystem zum Einsatz, muss die EltVTR oder die darauf aufbauende Europanorm EN 13637 beachtet werden.

Letztere Norm ist vor allem in Hinblick auf die gestiegenen Anforderungen relevant, denn vieles wird von der in Deutschland nach wie vor gültigen EltVTR nicht mehr abgedeckt. Beispiel forensische Einrichtung: Flucht- und Rettungswege müssen die schnelle Flucht im Gefahrenfall sicherstellen, wobei die sofortige Türfreigabe nach selbständiger Bedienung durch Patienten stellt aber ein Sicherheitsrisiko dar und darf daher nicht möglich sein. Da es für diesen Fall bisher nur Sonderlösungen gab, braucht es allgemeingültige Standards: die neue EN 13637.

Sie beinhaltet gegenüber der EltVTR mehrere wichtige Neuerungen. Die elektrische Zuhaltung wird immer in Kombination mit einem geeigneten Verschluss gemäß EN 179 oder EN 1125 betrachtet, wodurch auch die mechanische Freigabe der Fluchttür mit einer oder zwei zulässigen Betätigungen Bestandteil der normativen Definition wird. Was allerdings den effektiven Schutz vor Missbrauch von Flucht- und Rettungswegen wirklich vereinfacht, sind die gegenüber der EltVTR neuen Sicherheitsfunktionen: Die Möglichkeit der zeitverzögerten Freigabe oder der vollständigen Sperrung der Fluchttür gegen selbständige Bedienung. Durch deren normative Definition sind die Grundlagen für eine bauaufsichtliche Zustimmung deutlich einfacher geworden.

Ansätze für verschiedene Sicherheits-Anforderungen

Es existieren verschiedene Lösungsansätze, die sich je nach geforderter Sicherheitslage unterscheiden:

Bildung von mehreren Brandabschnitten: Die Flucht in einen anderen brandschutztechnisch gesicherten Bereich ist im Alarmfall möglich, ohne dass das Gebäude verlassen wird. Es handelt sich bei diesem Ansatz um eine temporäre Lösung, die maximal bis zur Ankunft von Aufsichtspersonal udnd Rettungskräften gilt.

Einfache Fluchtwegsicherung: Die Türen sind lediglich alarmgesichert, können jedoch jederzeit in Fluchtrichtung geöffnet werden, um zumindest das Aufsichtspersonal bei Missbrauch zu alarmieren.

Zeitverzögerte Freigabe: Die Türen sind alarmgesichert und können erst nach einer definierten Verzögerungszeit geöffnet werden. Im wirklichen Gefahrenfall kann dafür ausgebildetes Personal einer Leitstelle die Verzögerungszeit abbrechen. So kann rechtzeitig Aufsichtspersonal an die Tür bringen. Optional ermöglicht die Aufschaltung einer Brandmeldeanlage sofort bei Auftreten eines Brandalarms die Öffnung in Fluchtrichtung.

Sperrung gegen lokale Freigabe: Die Türen sind alarmgesichert und immer elektronisch verschlossen. Im Ernstfall werden sie aus einer ständig besetzten Leitstelle zentral freigegeben. Optional ermöglicht die Aufschaltung einer Brandmeldeanlage sofort bei Auftreten eines Brandalarms die Öffnung in Fluchtrichtung.

Im Falle eines Stromausfalls kann die Tür entweder sofort zur Öffnung freigegeben werden (Ruhestromprinzip), oder die Sicherheitsfunktionen akkugepuffert weiter aufrechterhalten.

Geschlossene Bereiche – aber sicher!

Sie sehen: Damit sich in Gefängnissen und geschlossenen Psychiatrien zentrale Öffnungsmechanismen realisieren lassen, müssen elektronische Schließsysteme zum Einsatz kommen. Die Zutrittskontrolle kann dabei mit verschiedenen Systemen umgesetzt werden. Eine Anzeige für den Schließzustand erhöht die Sicherheit zusätzlich.

Damit es aber gar nicht erst zu einer umfassenden Evakuierung kommt, sollten alle möglichen Maßnahmen des vorbeugenden Brandschutzes wie auch eine erhöhte Gebäudesicherheit bereits realisiert sein:

Hinweis: Eine normative Definition von Sicherheitsfunktionen ersetzt nicht die bauaufsichtliche Genehmigung für deren Einsatz. Länderspezifische Vorschriften sind zu beachten.

#weknowhow.

Referenzen

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